Vielfalt der Religionen

AMARYLLIS

92. Bandaufnahme in Weiler-Berg, 7.10. 1987

Frage: warum gibt es verschiedene Religionen und nur einen Gott?

Warum gibt es verschiedene Religionen? Im Grunde ist die Religiosität unendlich. Denn im Grunde empfindet ein jedes Geborene aus dem Vater-Mutter-Schoß die Religion in sich, das göttliche Prinzip in sich - ist seine eigene Kirche, sein ewiges Licht, sein Gebet, sein Du für Gott, für das Allgemeine. Und für geistig weiterentwickelte Menschen ist es oft ein kleines Opfer, sich gezwängt zu sehen in gewisse - nicht “Riten”, möchte ich eigentlich nicht sagen - sondern in gewisse Formeln eigentlich, in Glaubensbekenntnissen festgeprägte Gebete, die vielleicht in diesem Wesen gar keinen Widerhall finden. Aber für viele Menschen ist gerade dieses Festgefügte, immer wieder gleichförmig Ausgesprochene, gerade dieses Halteseil, an dem sich eine Seele klammern kann. Und es wäre verwerflich im höchsten Grade, einem Wesen, das vielleicht noch in konkreteren Bildern sich hingezogen fühlt zum Göttlichen, das sich klammert an die Aussagen eines Priesters zum Beispiel - ein solches Wesen darf man nicht verunsichern.

Aber für solche festverwurzelten Lieblinge sprechen wir auch weniger. Wir sehen unser Arbeitsgebiet eigentlich mit diesem Medium in einer freien Sphäre, die zusammenfaßt Geistheiten aus dem menschlichen Bereich, die Worte überflügelt haben, und sich auf den Sinn zu bewegen. Der immer eine Vergewaltigung erfährt, wenn er gepreßt werden soll oder eingeengt werden soll in einen Begriff, in ein Wort, in ein Bild. Ja - Ein Wort ist nicht nur Befreiung deines eigenen Mitteilens einem Menschenwesen gegenüber. Es ist auch eine große Fessel, in die eine Aussage gebunden ist, die mehr gefühlt ist, mehr gewußt ist, gelebt eigentlich, und gezwungen ist, wenn sie sich mitteilen möchte einem Geschwister, sich zu flüchten in das Gefäß eines Wortes. Das immer eine gewisse Verfälschung darstellt. Denn ein jedes Wesen, das dieses Wort vernimmt, ist das Echo auf dieses Wort, und das Verständnis ist gebunden, an die Auffassungsgabe des Empfängers, auch auf seinen Willen, etwas verstehen zu wollen. und so ist auch in diesen Vorträgen zum Beispiel - ist eigentlich ein lächerliches Wort - in diesem wunderschönen Gesang in eurem Kreise - so sind diese Worte eigentlich höchstens eine Krücke, an denen wir gehen können, um diesen Lichtweg zu suchen, der uns doch alle verbindet. In diesem Bild eines Ur-Feuers, oder eines Ur-Licht es.

Ihr dürft nicht glauben, daß ein Menschenkind - Amaryllis empfindet es allerdings selbst oft so - verbannt wäre auf diesem Planeten. Verstoßen sozusagen aus der Heimat. Das liegt an dem Menschen selbst, wieweit er sich verbarrikadiert in seinen Meinungen, in seiner Stellungnahme zum Leben überhaupt, seinen Geschwistern, seiner Zeit, zu den Aufgaben, die dir gestellt werden. Dieses Nicht-Erkennen-Können ist eine Verminderung, die einzig gebunden ist an die Unfähigkeit des menschlichen Auffassungsvermögens, um die Fäden entwirren zu können, an denen sozusagen das Gleichgewicht des Seienden überhaupt geknüpft ist.

Ja, diese Bilder sind auch für Amaryllis sehr schwierig einzuformen, und wir möchten euch alle bitten, mit diesem Medium Geduld zu haben! Denn das Niveau sozusagen, auf dem wir sprechen - wir sind jedenfalls bestrebt, es immer wieder ein wenig anzuheben. Auch um eine gewisse Routine zu vermeiden, auch dieses Mediums im übrigen. Deshalb werden diese Einformungen immer sensibler oder weniger griffig sogar. Es erfordert auch von unseren Hörern oder unseren liebsten Freunden einen Lernprozeß vielleicht, einmal zu verlassen die gängigen Gedankenwege und die gängigen Ausdrucksformen, die ihr gewohnt seid aus euren Büchern oder in der Unterhaltung mit Kollegen oder Nachbarn, und zu brechen mit gewissen Denkformen, in die eine jede Zeit eingebunden ist, eine jede Kulturstufe. Und sich hinzugeben in ein neues Stromfeld. Und es ist ein wunderbares Erlebnis, auch in sich selbst neue Feder zu entdecken, neue Schwingungen zu fühlen, neue Vibrationen zu fühlen, eine ganz neue Farbenskala erschlossen zu bekommen - wunderbar!

Ihr wißt selbst gar nicht, wie entwickelungsfähig ihr alle seid in den Freiräumen des Rein-Geistigen! Für uns ist eine solche Stunde mit euch ein Geschenk! Auch für dieses Medium - absolut! Denn Schätze zu hegen, die nicht gehoben werden wollen, das ist schwer zu tragen. Und eine Quelle, die keinen Ausgang findet, um nach außen zu brechen, ist ihres Sinnes beraubt. Absolut. Dieses Medium ist so fein geschliffen worden und so schmerzhaft geschult worden durch Jahrzehnte hindurch, daß wir es bedauern würden, wenn dieses Potential an Vermögen sich nicht ausbluten dürfte in ein so - wie wir glauben - hungriges Feld im geistigen Bezirk der Menschen.

Wir erfahren so viel im Zusammenleben mit diesem Medium! Wir sehen durch diese Augen- (Amaryllis öffnet die Augen) zum Beispiel dieses Licht. Dieses Medium ist ein Sonderfall. Es ist sehr selten beobachtet, daß ein Medium die Augen aufschlägt und seine Geschwister wahrnimmt, seine Umgebung, und doch aus einer anderen Sphäre die geistige Infiltration erhält. Das ist ein Phänomen eigentlich, das müssen wir aussprechen. Und es war sogar im körperlichen Bereich für dieses Wesen außerordentlich schmerzhaft, zu lernen, sozusagen im Schlafe die Augen zu öffnen, und trotzdem tief zu schlafen, und trotzdem sich einzufügen in die menschlichen Formen des Sich-Erkennens - jedenfalls im Normalfalle. Ein Augenlicht zu besitzen, um sich zu schauen, ohne sich ablenken zu lassen durch alle diese konkret erscheinenden Formen eures Planeten. Das haben wir sehr oft zusammen geübt, zum großen Mißfallen dieses Mediums. Und Amaryllis fürchtet sich immer vor den Augen ihrer Mitmenschen, sie vermeidet es, diesen außerordentlichen Kraftströmen sich auszusetzen, jedenfalls noch im Augenblick. Vielleicht wird sie es noch lernen können? Aber es ist ein großer Fortschritt - auch für uns im übrigen - es ist eigentlich das erste Ma1, daß dieses Medium über so lange Zeitspanne, in euren Begriffen gemessen, spricht mit offenen Augen, und nicht sofort sich wieder flüchtet in die sogenannte Blindheit, die einen gewissen Schutz bedeutet für dieses Medium. Aber in einem gewissen Stadium der Medialität ist auch diese Angst dieses Mediums neutralisiert durch das unendliche Vertrauen, das sie hat in Gott in sich, möchten wir einmal sagen. Denn ein Medium, das wie dieses Licht hier auf dem Boden stehen möchte, nur in sich ruhend und leuchtend, in der Hoffnung, daß vielleicht irgend jemand es sehen könnte oder rufen oder auch in die Hand nehmen könnte - ein solches Medium ist verschwistert eigentlich seinem Urkerne, und jedenfalls in dem Fall von diesem Medium.

Wir wollten sagen, was dieses Medium erreichen kann in dem Stadium seines Menschseins, ist nahezu erschöpft. Einem Menschenwesen ist aufgetragen, in dem Kreise, in dem es lebt, zu versuchen, seine eigene Möglichkeit auszuleuchten bis zu den Grenzen seines eigenen Horizontes. Wir haben auch im Vergleich gesagt, das Vollkommene ist im Grunde ein Gebilde, in dem sich deckt der Mittelpunkt und der Umfang sozusagen, die euch geläufigen mathematischen Begriffe oder logischen Folgerungen überflügelt -

Wir wollten sagen, ein jedes Menschenwesen ist gehalten, als sein eigener Mittelpunkt des Universums seinen eigenen Horizont in sich hereinzunehmen wie diese Spirale, von der du gesprochen hast. So daß zusammenfällt in deinem Urkerne deine gesamte Möglichkeit des Sich-Entäußerns. So daß du sprichst aus dir und dich selbst schenkst wie eine Quelle - nichts anders, Amaryllis. Ein solches Sich-Ausbluten, wollen wir einmal im Bilde sagen, ist ein Zurückkehren in den Allstrom, im Bilde gesprochen, des Urlebens überhaupt.

Wir haben zu bedenken gegeben, daß das Erfassen seines eigenen Fadens oder der Länge der Möglichkeit eines - wie sollen wir das im Bilde ausdrücken.... Wir wollen dieses Bild benützen, daß der Horizont oder der Umfang einer Möglichkeit zusammengestrafft wird in seiner eigenen Mitte, so daß alle diese denkbaren und rechenbaren Dinge, die euch ja für diesen Planeten geschenkt sind, und die ihr auch benützen müßt, in sich zusammenfallen im Sich-Selbst-Sein, das alle diese Formeln gar nicht mehr versteht eigentlich, und auch diese religiösen Zwänge oder Richtlinien vergißt. Ein Ende sozusagen ist im Anfang verschlungen im Prinzip in jedem Stadium. Aber die geistigen Augen eines Bewußtwesens haben verschiedenen Brillenstärken und sind gebunden an die geistige Entwickelung und an die Ausschöpfung des eigenen Vermögens.

Wir kehren zurück zu eurer Frage: “Warum sind die verschiedenen Aussagen über religiöse Erfahrungen oft nicht deckend. Das ist - zum mindesten in früheren Zeiten - oft ganz in das Belieben gestellt gewesen einer Priesterschaft, die diese Richtlinien aufgestellt hat, vielleicht medial empfangen hat im Ursprunge. Aber diese gewissen Richtlinien verfestigt hat in standartisierten Ausdrucksformen. Mit dem Moment, da das sieht auch in das Wort, in ein Symbol, ist es bereits verfälscht, ist es nicht mehr sich selbst, ist es herausgetreten aus diesem Ideal des in sich Ruhens als vollkommener Teil im vollkommenen Ganzen schwingend. Und sehr reife Seelen lehnen es ab, oder beachten nur gewisse Höflichkeiten, daß sie diese gängigen Formen selbst beobachten. Aber im Grunde sind sie allen Bevormundungen entwachsen und benötigen auch gar nicht mehr eine Offenbarung. Denn wer in sich selbst zurückgekehrt ist, ruht im eigenen Glutpunkt eigentlich. Ihr dürft euch nicht täuschen! Auch dieses Medium ist willens, alles mitzuvollziehen, alle diese täglichen Pflichten zu erfüllen, auch wenn sie ungeliebt sind.

Unsere Schwester (E.N.) fragt: “Was hat Christus für eine Bedeutung für unsere Entwickelung?” Dieses Wort “Christus” möchten wir anders verstanden wissen. Ihr alle seid gesalbt mit dem göttlichen Öl. Und ihr alle seid Christus in eurem innersten Kerne. Was dieses, was ihr ein “Messias” nennt - dieses Wesen euch geschenkt hat, war sein Herzblut. Herzblut - ganz unabhängig von dem Blut, das ihr zum Beispiel verehrt in den Reliquien. Dieses wunderbare Geschenk aus der geistigen Welt war doch ein Fanal! Und was wir gesagt haben, halten wir aufrecht: In dem Moment, in dem das Wort ausspricht, ist es angewiesen auf die Ohren des Hörers, auf sein Auffassungsvermögen, auf seine Reife, auf seine Vorstellungskraft, und auch auf seinen guten Willen, das verstehen zu wollen, oder zu versuchen wenigstens, sich zu arrangieren mit dem Sprecher selbst.

In allen Religionen wird der Kern durch die Verkünder verfälscht. Und es ist durch das “Wort” in euren heiligen Büchern auch gar nicht möglich, nur dem Wortlaut nach diesen Kern aufbrechen zu können. Eine jede Entwickelung greift zurück auf Vorhandenes, denn nichts kann sich entwickeln, das nicht vorher schon in dir geruht hat. Es bedarf nur eines Aufrufes, einer Impfung sozusagen, oder eines Speerstoßes, aufzubrechen die Kruste, um freizulegen den Christus in dir. Es betrübt uns oft, daß die Menschen, anstatt Christus auszubluten, sich befehden um Worte, um Auslegungen, um Übersetzungsfehler, um Aussagen, die so oder so ausgelegt werden können . Es ist doch so einfach! Euer Messias hat euch doch die Liebe gelehrt und hat sie euch vorgelebt! Alles andere ist Rankenwerk, Ausflucht auch, ein Verfärben des Urlichtes in das eigene Farbenfeld.

Es ist hoch an der Zeit, diese Verkörperung der Liebe, wie ihr sagt, aus ihrer Schale zu brechen und wieder, nicht die “Laterne” zu sehen und auch nicht die Kerze, sondern das L i c h t ! Das hier ausgestrahlt hat für euch. Eine jede festgelegte Religionsströmung bedarf nach einiger Zeit wie ein Licht des Stutzens, eines Entrußens und eines Zurückführens auf die Idee. Wir können nicht verstehen, daß Menschen in eurem Zeitalter sich um Dogmen befehden, und wir können nicht verstehen, daß heute noch in gewissen Kreisen das Frauenbild zurückgesetzt wird gegenüber dem männlichen “Vor-Bild”. Das ist lächerlich und unwürdig eines freien Menschen, im Grunde für einen denkenden oder - nicht einmal einen denkenden - für einen Menschen im Gleichgewicht ist diese Frage überhaupt nicht existent. Aber sie heute noch in einem sogenannten aufgeklärten Zeitalter hochzuspielen und sich um Worte zu streiten - das ist unwürdig! Absolut!

Eine jede Religion ist zugeschnitten auf die Faßlichkeit, auf das Echo, das aus der Gemeinde zurückklingt, einen Spiegel bildet. Aber wenn dieser Spiegel dein eigenes Bild nicht mehr zeigt, ist er trübe. Absolut. Ein Menschenwesen läßt sich nicht zwingen, oder es lügt oder verweist sich selbst in ein falsches Weltbild. Es wird über kurz oder lang immer zurückschnellen in seinen Urkern, der sagt: Ich bin Gott - wenn ich es will. Wenn ich mich so gereinigt habe, daß ich dieses All-Licht in mir fühlen und brennen lassen kann.

Amen