85. Bandaufnahme in Ravensburg, 24.2.1986
Frage: wenn ich immer noch die Lösung von den verschiedenen Dingen, die ich auf dem jetzigen Lebensweg nicht richtig gemacht habe oder unerledigt gelassen habe, auf spätere Dasein verschieben kann bin ich aus der völligen Verantwortung für die momentane Situation entlassen. Und das verträgt sich für mich nicht, diese Vorstellung, mit der wirklichen Verantwortlichkeit und der Einmaligkeit des Lebens
Ich bin Sirius. Eine wunderschöne Frage von einer großen Reife! - Ein Wesen fragt: Das Leben, das ich im Augenblick auf mich genommen habe ist, nach dieser Theorie, ein Unvollständiges.
Ein Wesen macht sich Gedanken über die Verantwortung in seinem jetzigen Leben. Die Verantwortung ist nicht an eine Zeit gebunden. Das ist eine moralische Forderung. Selbstverständlich denken die Menschen in Zeiträumen. Denn zur Orientierung in eurem Lebenskreise ist euch die Zeit ein Begriff, eine Stütze. In unserer Welt gibt es diesen Begriff nicht. Nicht die Zeit zählt, nicht die Räume, nicht die Äonen - es zählt einzig du selbst als Spiegelbild Gottes wollen wir einmal sagen. Es ist für uns oft so schwierig, uns verständlich zu machen, da euch die Grundlagen fehlen, in unseren Dimensionen zu denken. Ein jeder Moment, ein jeder Pulsschlag ist höchste Verantwortung für ein Menschenkind! Als ob es die einzige Möglichkeit wäre, Gott zu sein vollkommen zu sein. Es ist ganz belanglos, auf welcher Ebene ein Menschenkind seine Arbeit tut, verdichtet, in welchen Verhältnissen es lebt. Aber ein Wesen ist im Prinzip immer gefordert.
Was du verweigerst, wird dir nie geschenkt. Darin hast du vollkommen recht. Aber das ist nicht beschränkt auf diese Lebensspanne, die du durchträumst bis zu deiner Entbindung in dein ewiges Leben, oder in dein Freidasein. Dieses Sich-Ausbluten für den Moment ist Prinzip, ist das Leben an sich. Es ist ein großer Trugschluß, zu glauben, Gott lasse mit sich handeln wie in einer Börse, oder man könnte sich ein Konto anlegen im Himmel und sein Kapital Zinsen tragen zu lassen. Du selbst bist dein Kapital und trägst deine eigenen Zinsen ewig. Ewig...
Im übrigen ist es nicht so, daß ein jedes Menschenkind auf unendlich viele Leben zurückblicken müßte. Es gibt Geschwister in der freien Welt, die sich nie inkarnieren lassen und das gar nicht benötigen. Es gibt so viele Möglichkeiten in unserer freien Welt, sich selbst zu werden und zurückzukehren in sein eigenes Prinzip. Und dich darauf zu verlassen, nachholen zu können, was du in diesem Leben versäumst, ist eine Illusion. Wer sagt dir denn, daß du noch einmal den Wunsch hast, als Mensch dich zu bewähren? Es gibt Wesen, die in einem einzigen Durchgang durch diese sehr harte Schule ihren Weg gefunden haben. Oder denkt an euren Messias! Er hat doch gelebt als Mensch, und - nichts verschoben auf ein späteres Leben.
Die Forderung an eine Seele ist nicht gebunden an ein Kalendarium, an einen Terminkalender.
Eine Forderung ist ein Du. - Ein Du. Aber was dich fordern kann, bist eigentlich du allein. Einzig du allein kannst dich fordern! Einzig du allein kannst dich fordern, nämlich dieses göttliche moralische Gesetz in dir, das sich nie betrügen läßt. Auch nicht durch Drogen oder durch Zerstreuungen zertreten läßt. Die feinste Waage bist du selbst! Man kann sich dazu erziehen, sich trainieren, sich selbst so zu disziplinieren im Denken, im Tun, und im Unterscheiden zwischen dem Wesentlichen und dem Unwesentlichen, daß du eines Tages eins wirst mit deinen Forderungen an dich selbst.
Das ist ein schwieriger Text. Amaryllis ist am Verzweifeln. Wir schreiben zur Zeit ein Diktat über die “Neigung”. Ein Wesen, das sich vervollkommnet hat, verliert seine Neigung - es ist sich selbst geworden ohne das Zwischenglied eines Gefälles. Eines Gefälles. Ein Wesen, das so fragt wie du, ist doch bereit, Verantwortung auf sich zu nehmen im Augenblick. Betrachtet einmal dieses Wort “Augen-Blick”! Was bedeutet das? Ein Du, das aus deinem eigenen Auge blickt. Ein Augen-Blick... Das sind alles gedachte Punkte, die es im Absoluten nicht gibt. Das sind alles menschliche Brücken und Stützen, um sich zurechtzufinden in seiner Welt. Man kann nichts verschieben, man kann nur “rund” sein: ein Versinnbildlichen einer göttlichen Idee, die sich nicht entwickelt - sie ist.
Was wir euch sagen wollen, ist ganz einfach. Warum quält ihr euch so, mit Philosophie und mit Büchern, mit Hypothesen, Systemen? Man hat euch doch gesagt: Einzig die Liebe überdauert. Die kann man nicht aus Büchern lernen, die muß man leben in seinem kleinen Kreise. - Was heißt ein “kleiner Kreis”? Das heißt für dich ein Totalsein im eigenen Aktionsradius. Das ist das Schwerste, das man einem Menschen aufgeben kann, Gott in sich zu sehen in aller Demut.