Amaryllis und Puntila – ein Leben in Kolumbien

AMARYLLIS

69. Bandaufnahme in Jockgrim, 25.8.1984

Ein Leben von Amaryllis mit Puntila in Kolumbien

Wir waren vor einigen Jahren zusammen in einem Land, das jetzt auch für eure Familie eine Bedeutung erlangt hat. Denn ein Kind aus diesem Land ist in eure Familie gekommen als Braut, als Ehefrau - “Kolumbien” (wirft M. B. ein). Kolumbien, sagt ihr, ja. Und in diesem Land in den Bergen war meine Heimat. Aber an die Zeit erinnere ich mich nicht. Denn in unserem Stadium des Geistseins ist es unendlich schwierig, uns an Zeiträume zu erinnern, die man höchstens auch umreißen kann. Wir kennen diese Begriffe gar nicht mehr oder haben sie nie gekannt, diese weltlichen Namen oder Maße oder Breitengrade, oder wie sich das nennt - das ist für uns sehr schwierig. Jedenfalls während dieser Zeit gab es noch keine Zivilisation in unserem Land. Wir lebten noch mit der Naturgewalt, möchte ich einmal sagen, mit den Naturgegebenheiten im Einklang. Wir waren wie ein Atemzug im Einen, wie eine Blume, die unter Blumen gedeiht, oder wie ein Tier, das sich nährt von anderen Tieren, ein Bestandteil der Erde. In anderem Sinn, als ihr es seid. Diese Entwickelung, in der ihr euch befindet, die Tagesabläufe gezielt und mit Namen zu absolvieren, dieses Konstruieren zum Beispiel, das in deinem Berufe doch heimisch ist, haben wir nicht gekannt. Und auch die Sprache war ohne Worte, wirklich mehr der Musik verwandt, viel mehr der Musik, als dem Sprechen. Und trotzdem konnten wir uns verstehen. Vielleicht sogar besser. Vielleicht sogar ehrlicher, Ein Wort kann sehr verfälschen, es kann lügen, es kann betrügen, um es kann in falsche Bahnen lenken. Aber das Wissen um den Willen des anderen, das Erspüren dieser - es sind nicht einmal Gedanken in dem Sinne, daß sie in Worten gedacht sind, sondern Absichten eigentlich, die treffen auf ein Annahmefeld - das sind solche Themen.

So wie auch ein Tier in diesem Sinne nicht spricht. Es hat Lockrufe, auch ganz andere Mittel, sich zu verständigen: die Düfte zum Beispiel, die Gerüche. Das war in früheren Zeiten durchaus gängig, auch am Duft eines Menschen etwas ablesen zu können, an seinem Geruch, an der Reaktionsfähigkeit eines Geruches: ob er Angst ausströmt, Liebe, Zuneigung, Zurückhaltung. Diese Gaben sind weitestgehend verloren gegangen in eurer Welt. Und außerdem hatten wir noch Gaben des Wissens ohne des Reflektierens, die Dinge zu wissen, ohne sie zu denken, sie zu fühlen, sie zu sein eigentlich. Wunderbar! Das empfindet man heute als übernatürlich, als hellseherisch, als Phänomen vielleicht. Das war uns selbstverständlich, gewisse Dinge einfach zu wissen, ein Urwissen zu haben, sich zu fühlen als - ihr würdet vielleicht sagen als “Bürger des Universums”. Nicht nur als Bewohner dieser Erde. Sondern sich zu fühlen als Alles im Einen, wie ein Spiegel, der in sich fängt die Strahlen des Universums, die er in sich sammelt wie in einer Schale. - Wunderbar! Wunderbar!

Aber Ami ist bald gestorben. Wir hatten sehr viele Kinder, und sie ist an einem Kind gestorben. Ja. Man hat bei uns eigentlich gar nicht getrauert. Man hat dieses Frauenwesen zurückgegeben der Erde und Gott. Und hat sich ein neues Wesen gesucht zur “Paarung”, möchte ich einmal ganz nüchtern ausdrücken, hat sich ihm vermählt, würdet ihr vielleicht sagen, und andere Kinder gezeugt. Und trotzdem, in dieser Sprachlosigkeit, habe ich dieses Wesen geliebt voll Inbrunst, mit einem viel inbrünstigeren Gefühl, als man bei euch von Liebe spricht. Dieser Begriff ist so herabgewürdigt worden, das ist so demütigend. Ich hatte es geliebt als Gottesgeschenk dieser Erde - nichts weiter. Auch wenn wir nicht gedacht haben “Gott”. Es war ein Geschenk des Alles an das Eine. Das ist eigentlich so einfach.

Wir fragen uns oft, warum sich die Menschen das Leben so erschweren. Daß sie sich selbst gefangen setzen in Glaubenssätzen zum Beispiel, oder in Sekten sich versteifen auf irgendeine vermeintliche Wahrheit, die sie wissen. Das ist doch ganz - es ist eigentlich erschwerend. Ist es denn so schwierig, alle Menschen wirklich als Gottes Kinder zu betrachten? Wir verstehen diese Gedankengänge nicht. Ist das so schwierig, in jedem Menschen Gott zu sehen? Das ist doch so einfach! Ein Geschöpf ist ein Spiegel des göttlichen Willens, sonst wäre es ja nicht vorhanden - das ist doch wunderbar! Und ein Wesen, das das fühlt, ich bin irgendwo in mir der reinste Gottesgedanke, das nimmt auch dieses Leben nicht mehr so schwer, als Zwang, oder gar als eine schreckliche Buße, oder als Gang durch Schwerter, die nur darauf bedacht sind, dich umzubringen, zu verletzen, zu töten, zu quälen. Keinem Menschen wird erspart, sich von Schwertern durchbohren zu lassen; um einmal diesen bombastischen Vergleich zu wählen. Das wißt ihr aus eurem eigenen Leben, welche Hürden hier zu bewältigen sind. Aber trotz dieser Anfechtungen und trotz dieser ganzen Lebenslast, die auf einem Wesen ruht, auf seinem Scheitel aufliegt, trotzdem zu wissen, ich bin ja Gott das muß ein Wesen doch beflügeln, selig machen und in seinem Leben auch die nüchternsten und profansten Dinge durchgolden lassen mit diesem göttlichen Licht!

Die profansten Dinge... Auch die äußerlichen, wenn sie ihren Rang nicht überschreiten: eine schöne Mahlzeit zum Beispiel - Ami hat sich so gefreut, was unser Töchterlein ihr heute gekocht hat! Oder eine Beere, die sie gesammelt hat im Wald mit diesem Söhnchen. dieses Entzücken dieser beiden Menschenkinder über diese Beeren, über eine Ranke, die wie ein Schleier von einem Baum sich herniedersenkt - das ist doch Wunderbar! Das ist doch Gott, die Schöpfung, wie ihr sagt, etwas, das eine Idee in sich birgt, einen Gottesfunken, ohne den es doch gar nicht geschaffen sein könnte in seiner Schönheit. Es ist ganz falsch, diese weltlichen Dinge auch zu mißachten. Das Kunstwerk zum Beispiel einer Konstruktion, wie unser Söhnchen sie doch erstellen kann, das ist doch ein Wunderwerk Gottes! Eine solche Maschine, ein solches Gerät, einen solchen Apparat herstellen zu können! Welcher Segen ruht im Tun, wenn es zum Segen verwandt wird! Wenn er zum Segen verwandt wird, zur Liebe und nicht zu Gott in der Negation, zum Nein-Gott-Sagen... Ja -

Das war das einzige Mal, daß mich das Leben auf dieser Erde zusammengeführt hat mit Ami. Aber ich habe diese Partnerin nie vergessen - auch in meinem freien Leben nicht. Wir haben so wunderbar harmoniert, und auch der Tod war Harmonie, das ist Natur, das ist Gott das ist nichts anderes als ein Umwälzen einer Materie in eine andere, Befreien der Seele zu ihrem eigentlichen Leben im Licht. Falls diese Seele in ihrem irdischen Leben sich um das Licht bemüht hat, um Erkennen, um die Liebe, um die Menschenfreundlichkeit, um die Hinneigung zur Welt und zu Gott.