4.8.1983
Aradura lehrt
Diese erste Stunde eines neuen Werkes sollst du doch nicht fürchten! Du hast selbst gesagt, die Unruhe meines Herzens und die Bürde meiner Zeit haben ihr Gegengewicht im Schwerelosen und im eigenen Schwerpunkt in Gott. Unsere erste Seite ist wie eine eigene Entflammung einer Seelenbraut im Feuer der Hingabe. Auch wir fühlen mit dir die Spannung und Erwartung eines Wortes, das eine Löwenzunge einer Dame unter Schmerzen gebären soll. Aber wir wissen, daß die Freude der Erfüllung die Martern unseres Mundes auflösen in Milch.
Dieses Bild ist nichts anderes als die Fortsetzung und Vervollständigung dieser Parabel, als die Spinnerin gekrönt wurde mit der Last der Stimme. Dieses Geschenk und leidensvolle Kreuz ist Preis und Eigenwille einer freien Sonnentochter, die ihren Sonnenweg verfolgt auf der Milchstraße ihrer Sendung. Deine Fortbildung und Verfeinerung schleift diesen Edelstein in der Werkstatt des Meisters. Wir wissen, daß das Ziel am Horizont der Fluchtpunkt ist in Gott. Und wir wissen, daß dieser schwere Anfang im Buche unserer Solistin reizt und anstachelt. Deine Freunde ergänzen dich behutsam und maßvoll im Gleichgewichte deiner Planung und im Flügelschlag deiner Einmaligkeit. Du hast erkannt, daß das Einhorn einsam ist ohne seine Madonna. Und daß eine Stimme ohne Leben ist und ohne Sinn, wenn sie nicht eine Zunge findet, durch die sie singen kann. Unsere Zusammenarbeit ist dein freier Wille und dein Geschenk an Gott. Sei gesegnet und geweiht deinem heiligen Einhorn.
Amjen
Aradura
Du fühlst dich ausgestoßen aus deinem Körper und doch eingebunden und festgehalten an der Schnur deiner eigenen Sternenteilheit. Dieses Zerrissensein zwischen deiner Leichtform einerseits und deiner geliehenen Einschalung im Wirkgrund dieser harten Schule andererseits ist dein ewiger Schmerz und gleichzeitig auch die Freiheit einer Seele, die ihre Heimat gefunden hat im Geiste oder auch im eigenen Entwurf. Dieses Sich-Decken fordert allerdings eine Rüstung aus Leiden, Liebe, Treue und Zwang. Unter “Zwang” verstehen wir strengste Verfolgung einer Fährte, die verfolgt deinen Weg in die Stadt Damaskus. Dieses Wort ist dir gesagt worden vor Jahren, und du hast es nicht verstanden. Ein Wort hieß: “Deine Stadt ist nicht Damaskus”; aber es gibt noch eine Stadt, die für dich Damaskus bedeutet; diese Stadt ist Milano. Da begann dein Aufstieg.
Wir freuen uns, daß dein Damaskus-Weg zugleich rechtfertigt geistiges Inbesitznehmen dieser Zunge, die nur noch spricht als eigenes priesterliches Antinom im Munde Araduras. Dieses Wort befremdet dich? Du hast es noch nie gehört? In unserem Sinne heißt “Wort” Schöpfung; diese Fremdschöpfung einer Rufkraft im Felde einer uneigenen Verdichtung ist eine Zeugung im reinen Geiste oder die Paarung der Zwei im Einen. Dieses Verquicktsein in Liebe ist genau ein Antinom - nämlich die Kugel als Symbol der Vollkommenheit im Runden in der Dreiheit des Gegen-Satzes oder der Waage, die im Gleichgewicht schwingt im Prana.
Amen
Aradura