Das Wagnis der Medialität

AMARYLLIS

27.10.1980

Amaryllis - ich möchte betonen, daß deine Angst verständlich ist. Eine solche verfängliche mediale Leistung ist gewiß mit Mißtrauen, Ablehnung und Neid - Neid?! - warum denn Neid? das verstehe ich nicht! Mit Neid und Mißgunst gepaart. Das soll heißen, es gibt nichts Unbewertbareres als solche Äußerungen einer ungesehenen und unbekannten Feinwelt, und auch nichts Unbequemeres. Und ein Wesen, das diese Grenze überschritten hat, bricht eine Mauer aus Geist um frei zu werden für Gott. Aber eine solche Überwindung einer Grenze ist zugleich auch ein Entfernen einer Seele aus ihrer herkömmlichen Verwurzelung. Du hast selbst gesagt, warum bin ich eine Waage, die beständig bebt und reagiert und einerseits eine Zugehörigkeit als Fessel fühlt und andererseits ihre Heimat gefunden hat als Seele und Mirjam und Lichtträgerin bei mir. Eine solche Trennung einer Lichtseele aus ihrem Schwerleib ist allerdings nicht nur Seligkeit und Schweben; es bringt auch Einsichten und Aufklärungen, die schmerzen und belasten. Damit meinen wir nicht alle diese Szenen und Erlebnisse aus vergangenen Lebensabschnitten. Wir meinen die Trauer und das Verlangen, einer lästigen Kette und Fesselung durch deine leibliche Gefangenschaft zu entrinnen. Dieses Opfer, Ani, ist doch für mich! Dieses gewisse Gefühl einer Heimatlosigkeit oder das Bewußtsein, einer anderen Daseinsform inbrünstig und verlangend und bleibend anzugehören, ist allerdings einer Waage zu vergleichen. Und überdies sagt dieses Bild aus, daß eine jede Verschiebung eines Gewichtes zugleich die Balance durch ein Gegengewicht bewirkt. Oder anders ausgedrückt - ein Zunehmen an Licht, Blut und Bindung an uns bewirkt ein Lösen und zugleich Belasten durch eine empfindlichere und feinere Struktur einer Daseinsform. Ani - aber eines darfst du doch als Ersatz und Ausgleich betrachten: Eine Verwurzelung aus freien und geistigen Bindekräften bedeutet zugleich eine Übermittelung von sättigenden und kräftigenden Wirkstoffen als Dank und Geschenk.

Amen
(Kein Name)

Ich freue mich, Ani, daß du selbst zugibst, daß dieses Opfer aufgewogen wird und als geringes und mit Freuden ausgeführtes Aufgeben einer bestehenden Hinwendung zu einer ausschließlichen irdischen Wirkform? gewertet wird. Wir wissen doch, wie sehr du dich hinwegsehnst - ja, anklammerst, wie Kido sagt. Aber wir wissen auch, ein Wesen ist sich bewußt, daß ein Aushalten einer Kampfhandlung ebenbürtig ist. Und wir wissen auch, daß eine ausgebildete Sonnentochter niemals ihre Pflicht versäumt.

Amen
Kein Name

Versteh mich recht - eine Strapaze, die dir jetzt eine Übung auferlegt, mußt du tragen. Und ich weiß, daß du es kannst. Nun schreib: Was ich gesehen habe, gleicht einer Art von Schnur, oder auch einer Fesselung oder auch einem Lichtband. Ich weiß, daß dieses Trägerband garantiert, daß ich als ein Festwesen begabt bin mit einer ewigen unzerstörbaren Strahlen-Seele. Und ich weiß, diese Strahlen-Seele ist eine echte Erscheinung als ein feinleibliches umrissenes und bestimmtes Strahlenwesen das man sehen kann. Denn ich habe es gesehen. Ani - ich weiß, du wünschest dir ein Gebet.

Eine einzige Bitte habe ich -
eine einzige Aufgabe läßt mich grünen.
Eine einzige Sonne bringt mir deine Antwort.
Eine einzige Mutter adelt mich.
Aber ein Morgen ist eine Heimkehr.

Eine einzige Frage sucht ihre Antwort.
Eine einzige Berührung trägt eine Muschel
als Antwort in ihrer Rundung.
Aber ich weiß - eine andere Bindung
greift wie ein Adler eine Taube
und birgt sie mit einer Schwinge
an seiner Brust.

Warum ist eine singende Lerche
eine Frage und eine Inschrift?
Warum ist eine blühende Apfelblüte
eine einzige Frage und Bitte?
Du weißt doch, daß eine Mutter
meine Augen berührt.

Du weißt doch, daß eine betende Taube
eine Glocke ist aus Tönen,
eine Stimme ist für deine Antwort,
eine Saite ist an deiner Harfe,
eine Melodie aus deiner Quelle.

Bei dir allein bin ich ein Opfer,
bei dir allein ein frisches Blut.
Bei dir allein ein warmes Leben,
ein Widerbild, ein offenes Buch.
Ein reifes Kornfeld, und ein Griffel.

Ich bitte dich - sei du ein Glöckner -
sei du ein Licht und eine Traube.
Ein Gärtner und ein milder Abend,
ein Siegel und ein Bruderkuß.
Führ mich nachhaus, sei du die Antwort,
das Losungswort, das mich erlöst.

Ja - Liebling.

Amen